How to MilSim (I) - Versuch einer Definition

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Der Begriff „MilSim“ ist ein zusammengesetztes Kunstwort aus den beiden Begriffen Military und Simulation – also quasi militärische Simulation. Dieser Begriff ist mir hauptsächlich aus zwei Bereichen bekannt: Er taucht verstärkt in der Airsoft-Szene und bei Computerspielen auf. Auf Airsoft will ich an dieser Stelle aber gar nicht näher eingehen, sondern möchte mich alleine mit dem Begriff „MilSim“ im Zusammenhang mit Computerspielen beschäftigen.

Mir persönlich kam der Begriff erstmals verstärkt unter, als ich selbst noch regelmäßig aktiv Arma gespielt habe. Ich war seinerzeit Mitglied der deutschsprachigen Gruppe „virtuelle Luftlandebrigade 31“. Diese Gruppe wurde von Soldaten gegründet, die in der realen Luftlandebrigade 31 ihren Dienst verrichteten. Die Spielweise in dieser Gruppe war dementsprechend geprägt und inspiriert von real gültigen Prozeduren. Es wurde also versucht, das reale Vorgehen, so realitätsgetreu wie es die Software erlaubt, nachzustellen.


(Screenshot Arma 3)

Damals sprach aber noch niemand von „MilSim“. Ein Begriff, der zu dieser Zeit –zumindest in der deutschsprachigen Arma-Szene– deutlich verbreiteter war, war „taktische Spielweise“. Ein eher unscharfer Begriff, welcher wohl darauf hindeuten sollte, dass die Spielweise in irgendeiner Form organisiert und nach taktischen Maßstäben ablaufen soll. Er bedeutete aber nicht zwangsläufig, dass sich die Gruppe selbst einem realen Vorbild folgend organisiert oder realen Prozeduren folgt.

So weit, so unspektakulär. Wäre da nicht der Neid um Mitgliederzahlen und das Bestreben, die eigene Gruppe von der Masse an „taktischen Clans“ hervorzuheben. So begannen die ersten Gruppen, ihr Tun „MilSim“ zu nennen. Es entstanden mehr und mehr Clans, die sich Jäger-, Grenadier und Fallschirmjägerkompanie nannten. „MilSim“ war der neue heiße Scheiß in der deutschsprachigen Arma Szene.
Leider hat sich, mit Ausnahme der Benennung der eigenen Gruppe, an der Spielweise nicht viel verändert. Die Gruppen führten komplizierte Rangsysteme [sic!] ein, unterwarfen sich selbstverfassten Konglomeraten von hunderten Regeln und glaubten, sie stünden nunmehr realen Soldaten in nichts nach.

Nachdem Arma selbst nun bereits einige Jahre auf dem Markt war, sich langjährige Spieler aus der Szene verabschiedeten und kaum noch neue Spieler hinzukamen, setzte sich die Kannibalisierung der deutschsprachigen Arma Gruppen weiter fort. Jeder wollte noch milsimmiger sein als der Andere. Es entstanden fast wöchentlich neue „Kommandokompanien“ und Special Forces Gruppen und das Vorgehen in diesen Gruppen war mehr von dem geprägt, was man aus schlechten Actionfilmen kennt denn von realen militärischen Prozeduren und Taktiken.

Wir sehen also, dass der Begriff „MilSim“ das Problem hat, dass ihn jeder für sich selbst definiert. Teilweise reicht es aus, dass man sich im Spiel gegenseitig siezt, um zu behaupten, man würde eine militärische Simulation betreiben. Meine persönliche Definition geht da allerdings deutlich weiter. Aus meiner Sicht geht es bei einer militärischen Simulation darum, das reale Vorbild mit allen Mitteln, die zur Verfügung stehen, so exakt wie eben möglich nachzubilden. Die Möglichkeiten, die den Spielern zur Verfügung gestellt werden, variieren je nach verwendeter Software. Um bei dem Beispiel Arma zu bleiben, ist diese Software geradezu als militärische Simulation prädestiniert. Bietet sie doch die Möglichkeit, neue Spielelemente per Modifikation (kurz: Mod) hinzuzufügen oder bestehende Spielmechaniken nach Belieben zu verändern. Durch den mitgelieferten Missionseditor ist es möglich, eigene Missionen mit einem eigenem Setting zu planen und durchzuführen.

Das Einarbeiten in diese eher technischen Aspekte erfordert aber Zeit, Ausdauer und Lernbereitschaft. Und ich habe schlechte Nachrichten für euch, denn dazu kommt noch viel mehr. Um eine militärische Simulation auch realitätsgetreu zu spielen, benötigt ihr entsprechend tiefergehende Kenntnisse, welche Strukturen, Prozeduren und Vorgaben in dem realen militärischen Vorbild gelten. Welche Möglichkeiten ihr habt, euch Informationen über militärisches Vorgehen zu beschaffen und diesbezüglich eure militärische Simulation auf eine solide Basis zu stellen, darauf gehe ich in meinem nächsten Artikel näher ein.

Abschließend möchte ich euch noch mit auf den Weg geben: Es ist wirklich nicht schlimm, wenn ihr gar keine Lust habt, euch eine gefühlte Ewigkeit damit zu beschäftigen, wie militärisches Vorgehen in der Realität abläuft und wie ihr das technisch in eurer Software und für eure Gruppe umsetzen könnt. Aber dann nennt das bitte nicht MilSim. Wie wär es stattdessen mit „taktischer Spielweise“?

Kommentare

Nur so aus Interesse. Haben

Nur so aus Interesse. Haben Sie selber gedient? Also ich meine habe sie wirklich Ahnung von was sie da reden? Würde mich interessieren um die Qualität ihrer Aussagen besser beurteilen zu können?
Habe auch bereits begeistert gesehen das sie dieses Panzerspiel spielen. Würden sie sagen sie spielen das als MilSim oder als taktische Spielweise?

Vielen Dank schon mal für die Antwort

Danke für deinen Kommentar.

Danke für deinen Kommentar.
Bevor ich inhaltlich darauf eingehe, möchte ich darauf hinweisen, dass es doch sehr unüblich ist, sich im Internet zu siezen. Insbesondere, wenn es nicht um geschäftliche Dinge geht. Im Netz wird sowas auch gerne mal als beabsichtigte Beleidigung aufgefasst *just sayin*
Ob ich nun selbst gedient habe oder nicht, ist allerdings vollkommen unerheblich, da mir bereits gediente Panzersoldaten untergekommen sind, die nicht wussten, was der dynamische Vorhalt des Leopard 2 KPz ist oder wie er funktioniert oder auch Unteroffiziere mit Portepee die u.A. ernsthaft behauptet haben, es gäbe in der Bundeswehr Spreng-Brand-Munition im Kaliber 5,56 x 45 mm (Anm. die Munition für das Ordonanzgewehr G36 der Bundeswehr). Die Qualität solcher Aussagen sprechen wohl für sich selbst.

Und dieses "Panzerspiel", von dem du schreibst, ist mitnichten ein "Spiel". Es handelt sich dabei um eine Ausbildungs-, Trainings- und Schulungssoftware für Panzertruppen. Und ich würde sagen, ich habe mehr Freude, wenn es realistisch zugeht. Auch wenn die Immersion bspw. in Arma 3 deutlich höher liegen kann. 

Hm, ich kann die getätigten

Hm, ich kann die getätigten Aussagen durchaus nachvollziehen leider. Diese Erfahrungen habe ich seit jeher beobachtet, es verhält sich da ähnlich äquivalent zur Airsoft-Gemeinschaft btw.
Wobei ich jetzt da nicht das nächste Fass mit aufmachen möchte, das wurde ja schon erwähnt.

Ich denke auch, dass es sehr auf den subjektiven Eindruck, die eigenen Erfahrungen oder auch nur die eigene Vorstellungskraft ankommt, was der-/diejenige unter dem Begriff "Milsim" versteht - oder wie es ausgelebt wird, wenn man das Extrem heranzieht.
Wenn man dem Wortsinn folgt, ist es eine Simulation. Eine Simulation versucht, die Realtität möglichst detailreich und in Theorie und Praxis möglichst exakt nachzubilden. Da bietet ArmA auch entrsprechende Voraussetzungen. Was dann die Gemeinschaften daraus machen, ist - freundlich gesprochen - ein Abklatsch der Wirklichkeit. Ein Versuch, ein unfertiges Projekt; ob bewusst gewollt oder nicht gekonnt.
Wenn die Gemeinschaft allerdings damit zufrieden ist, dann ist das völlig in Ordnung. Allerdings ist die Bezeichnung oder die Kennzeichnung Ihres Wesenshorizontes als "MilSim" fachlich falsch und irreführend.

PS: Was ist das denn für ein Panzerspiel? Steel Armor? GHPC?

Zitat Sepp Mo. 22.02.2021 -

Zitat Sepp Mo. 22.02.2021 - 17:39:
Haben Sie selber gedient? Also ich meine habe sie wirklich Ahnung von was sie da reden?

Entschuldigung, aber wenn DAS die Messlatte ist, über Militär, Geschichte, Bundeswehr zu berichten oder zu diskutieren - dann ist unsere ZIVILgesellschaft wirklich am Arsch!

Naja verstehe ich jetzt nicht

Naja verstehe ich jetzt nicht so ganz. Jemand der vom Fach ist ist mir in der Beurteilung lieber als jemand der nur in der Theorie darüber gelesen hat. Ich lass mir ja die Küche auch vom Profi machen und Frage nicht den Nachbarn...

Also ich vertraue einem

Also ich vertraue einem belesenen Wissenschaftler genauso wie einem gestandenen Feldwebel. Jeder hat seine eigene, interessante Perspektive.
Ich finde es etwas abngehoben, jemandem - mangels besseren Wissens - die Redefreiheit oder den Wahrheitsgrad seiner Aussagen per se abzureden.
Deine Meinung akzeptiere ich, finde sie aber reichlich engstirnig.
Wenn es danach geht, möchte ich gerne fragen, wo Du als was gedient hast? Vielleicht kann ich das Spiel dann auch mitspielen.

Ja schade... ich hoffe, es

Ja schade... ich hoffe, es bleibt hier dann in Zukunft bei vereinzeltem Aufschlag von Laubbläsern im Einsatzraum :(

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